Neues aus Absurdistan

Ich traute meinen Augen nicht, als ich in der Lokalzeitung von diesen Vorgängen las:

Natürlich hat die Stadt nicht nur eine Feuerwehr, sondern auch den dazu passenden Wehrleiter. Leider ist dieser im Rathaus und sortiert Akten, kann also seinen Posten nicht ausfüllen (warum auch immer). Ein neuer Wehrleiter wurde flugs berufen.

Dieser ist jedoch momentan suspendiert, weil gegen ihn wegen Veruntreuung ermittelt wird.

Und nun will die Stadt eine weitere Planstelle einrichten, damit ein Ersatz-Wehrleiter bestellt werden kann.

Das wäre ja alles noch einigermaßen lustig, wäre die Stadt mit ihrem eigenen Geld so verschwenderisch unterwegs. Die Stadt hat jedoch kein Geld, es sei denn, sie nimmt es den Bürgern weg. Es ist also leider unser aller Geld, mit dem hier so geaast werden soll.

Kleiner Tipp: ein Wehrleiter hat, wie man weiss, auch einen Stellvertreter. Dieser ist in der Lage, bei Verhinderung seines Häuptlings dessen Amtsgeschäfte zu führen.

Wie wäre es also, diesen Stellvertreter kommissarisch mit der Leitung der Wehr zu beauftragen, bis entweder die Vorwürfe gegen den eigentlichen Feuerwehrhäuptling entkräftet sind oder dieser aus seinem Amt entfernt wird, falls die Anschuldigungen sich bewahrheiten?

Danach könnte die freiwerdende Stelle neu besetzt werden.

Die Frage wäre ja noch, was passiert, wenn wir die neu eingerichtete Stelle besetzt haben und dann die Unschuld des alten Kommandanten erwiesen wird. Haben wir dann eine Doppelspitze?

Und bist Du nicht willig…

… so brauch‘ ich Gewalt.

Nach diesem Motto verfuhr unjüngst ein einst renommiertes Unternehmen, das einen allseits beliebten Passwortmanager vertrieben hat.

Die Rede ist von 1Password von Agile Web Solutions.

Bis zur Version 7 konnte man eine Lizenz käuflich erwerben und war damit in der Lage, Updates bis zum Versionswechsel einzuspielen.

Eines Tages erschien die Version 8 und brachte als größte Neuerung ein Abo-Modell mit sich. Kein Kauf mehr, sondern monatliche Abonnementzahlungen. Meine Anfrage, ob ich die Version 7 weiter als Kaufversion nutzen könne, wurde positiv beschieden. Selbstverständlich uneingeschränkt, schließlich habe ich diese ja gekauft, lautete die Antwort.

Nun, eines Tages erschien ein Update, das sozusagen als Trojanisches Pferd die Browser-Integration deaktivierte. Kein Ausfüllen von Anmeldedaten mehr durch das Browser-Add-On, sondern nur noch mühsames, zweifaches copy-and-paste.

Mein Protest führte zu der Antwort, ich könne doch selbstverständlich auf die Version 8 upgraden, da sei alles so, wie ich es kenne.

Nun, so ganz stimmt das nicht. Bislang konnte ich meinen Datentresor selbst hosten und über alle Geräte synchronisieren. Neu ist seit Version 8, daß man einen account bei Agile Web Solutions braucht, der den Tresor verwahrt und die Synchronisierung über deren Firmenserver läuft. Der steht? In den USA. Öh. Da war doch was?

Angeblich könne man dank starker Verschlüsselung garantiert nicht auf die Nutzerdaten zugreifen. Im Falle der Firma Agile Web Solutions glaube ich beinahe deren Beteuerungen, aber auf Daten, die auf Servern in den USA gespeichert sind, können bei nachgewiesenem Bedarf die diversen sogenannten „Dienste“ sicher zugreifen… It’s the law, stupid!

Finde ich jetzt nicht so prickelnd. Die Version 7 hatte es bis zum letzten Update problemlos getan. Mit dem letzten Update hatte man mir den Boden unter den Füßen weggezogen.

Auch 1Password 7 auf iOS erhielt kürzlich offenbar ein solches finales Update. Seither funktioniert neben der Browser-Integration das Aktualisieren von Passwörtern nicht mehr richtig – im Tresor von 1Password aktualisierte Passwörter werden zwar synchronisiert, finden aber nicht mehr ins add-on für iOS, das diese auch für diverser Logins nutzbar macht. Also: komplett Schrott der ganze Zauber.

Also „Sie können Ihre gekaufte Version weiterhin uneingeschränkt nutzen“ sieht ganz sicher anders aus.

Erscheint das nur mir so, wie wenn die Mafia „einen Vorschlag macht, den man nicht ablehnen kann“?

Trau, schau wem!

Hotline-Blues

Wer kennt es nicht?

Ob Mobilfunkvertrag oder technische Hilfe mit einem neuen Gerät – oft ist die Hotline nicht kompetent. Man hat den Eindruck, die Mitarbeiter verlesen nur Texte, die sie auf laminierten Seiten vor sich haben.

Wehe, das Problem lässt sich damit nicht erschlagen!

Eine rühmliche Ausnahme schien der Mobilfunkanbieter Telefonica, hierzulande als O₂ bekannt, darzustellen. Meine neue Apple-Watch wollte sich mit der vorhandenen e-SIM nicht anfreunden. Mit gekoppeltem Handy war Telefonieren möglich, ohne nicht, obwohl die O₂-App das Gegenteil behauptete.

Also mal die Hotline kontaktiert. Dort war jemand, der rasch einsah, dass er nicht helfen könne. Also alles so, wie man’s kennt. Aber dann kam die Überraschung: ein Techniker rufe mich in wenigen Minuten zurück, damit wir gemeinsam die Lösung finden.

Ungläubig nahm ich erstaunt wenig später einen Anruf von mir nicht bekannter Mobilfunk-Nummer entgegen. Jawohl, der versprochene Techniker!

Der sprach allerdings nur sehr gebrochen Deutsch mit einem östlichen Akzent.

Oha! Ob das wohl gutgeht?

Und ob! Unermüdlich mühte er sich insgesamt dreimal vergeblich, bis beim vierten Mal meine Apple-Watch den Testanruf entgegennahm. Enfin, die eSIM harmonierte nun mit meiner Watch.

Dafür mal ein dickes Lob für diesen perfekten Support!

Allerdings: ein altes polnisches Sprichwort sagt, nichts sei so schlimm, dass es nicht noch schlimmer werden könne. 11 Tage nach ihrem online erfolgreich selbst durchgeführten Tarifwechsel erhielt meine Gattin gestern eine SMS, ihr Widerruf sei akzeptiert worden, sie werde auf ihren alten Tarif zurück-umgestellt.

Widerruf? Sie hatte keinen Widerruf getätigt.

Heute dann war sie wieder beim alten Tarif. Daraufhin: Anruf bei der Hotline.

Zunächst muss man sich geduldig und ausdauernd mit einer virtuellen Assistentin herumschlagen, die nicht alles so versteht, wie man es sagt. Bis es finalemente gelingt, ein menschliches Wesen an die Strippe zu bekommen. Ein männlicher Mitarbeiter mit englischem Akzent müht sich. Ja, er versteht das Problem. Er schicke eine e-mail mit einem Code an die hinterlegte Adresse, diesen Code möge man vorlesen, dann könne er die Chose bearbeiten.

Die e-mail kommt nicht. Drei weitere Versuche später – immer noch keine e-mail. Immer noch kein Code zum Vorlesen.

Wortlos und grusslos legt er auf.

Das gibt Abzüge in der B-Note, meine Lieben!

Die Ausweitung der Kampfzone

Mitten in den Protest der Bauern, Handwerker und Spediteure fällt die Veröffentlichung bereits im November letzten Jahres vorliegender Erkenntnisse von „correctiv“ über eine angebliche „Wannsee-Konferenz 2.0“ Das Wort „Deportation“ soll ebenso wie der Ort der Konferenz die Verbindung zu den Nazis herstellen. Daraufhin bricht ein Sturm der Entrüstung und vor allem Verleumdung über die derzeit einzige wirkliche Oppositionspartei herein.

Nazis, Rechtsextreme, Gefahr für die Demokratie und ähnliche Behauptungen tönen aus allen Radios, springen einem aus dem Blätterwald entgegen. Alle Nachrichtensendungen und Talkshows haben nur ein Thema: Gefahr für die Demokratie.

Sagte man das früher nur von sogenannten „Rechtsextremen“, heißt es heute schon verkürzt „Gefahr von Rechts“.

Ich weiß nicht, ob es allen auffällt, aber damit ist nicht mehr der rechte Rand gemeint, sondern alle, die sich nicht als „progressiv links“ betrachten.

Die sprichwörtliche Ausweitung der Kampfzone!

Fragt man dann mal nach, wieso denn genau die AfD beispielsweise rassistisch sei – Schweigen im Walde.

Ehrlicherweise müsste man wie Ralphie (der Sohn von Sheriff Wiggum aus der Serie „Die Simpsons“) sagen: „Mein Fernseher hat gesagt…“

Denn bei Betrachtung von Parteiprogramm, Wahlprogramm und sonstigen Veröffentlichungen findet man selbst mit der Lupe nichts von Rassismus. Dafür gibt es aber blitzgescheite „PoC“ (Farbige darf man ja heute nicht mehr sagen), die sogar in Spitzenpositionen der Partei aufgestiegen sind. Rassismus sieht anders aus.

Auch Lesben, Schwule und Diverse müssen sich nicht vor der AfD fürchten, es gibt genug Beispiele für solche unter den Mitgliedern der AfD.

Ja, aber die Juden… auch die sind in der AfD zahlreich vertreten. So what?

„Sie sagen es natürlich nicht offen, aber sie sind so…“ höre ich auch immer wieder.

Natürlich kann man den Menschen nur vor den Kopf sehen, nicht aber hinein.

Aber das gilt auch für andere Parteien, deren Vertreter und Programme.

Ich habe eher den Verdacht, dass angesichts des seit zwei Jahren offenkundigen Regierungsversagens die etablierten Parteien ihre Felle davonschwimmen sehen. Pöstchen und Pfründe sind in Gefahr.

Die Umfragen zu den anstehenden Landtagswahlen in den östlichen Bundesländern sprechen eine deutliche Sprache.

Und so muss jetzt die unliebsame Konkurrenz ausgeschaltet werden. Ein Parteiverbotsverfahren, dessen Ausgang recht ungewiss ist,  nimmt natürlich eine lange Zeit in Anspruch – zu lange, um noch vor den Wahlen was zu reißen. Daher muss jetzt dringend der „Obernazi“ Höcke seiner bürgerlichen Ehrenrechte beraubt werden, damit er nicht wählbar ist und ein „Ministerpräsident Höcke“ mit Sicherheit vermieden werden kann.

Und dabei ist der herrschenden politischen Klasse nichts zu schade, keine Verleumdung zu groß. Nach dem Motto: audacter calumniatur, semper aliquid haeret – nur frech verleumdet, immer bleibt irgendwas hängen.

Seit neuestem geht man zum Gegenangriff gegen die Proteste des niederen Volkes vor.

Jetzt stehen ganze Städte auf gegen Rechts, gegen Nazis und gegen Gefährdung des Grundgesetzes.

Wo waren die „aufrechten Demokraten“, die sich jetzt unterhaken, als meine Grundrechte aus fadenscheinigen Gründen ausgehebelt wurden? 3G, 2G, 2G+ und dergleichen mehr?

Seit wann ist es üblich, dass man auf Geheiß der Regierung mit dieser gegen die Opposition demonstriert?

Sowas gab’s hierzulande noch nie! Oh, wait: das war im Arbeiter-und-Bauern-Staat, dem realexistierenden Sozialismus auf deutschem Boden doch an der Tagesordnung!

Willkommen in der DDR 2.0!

Und Parteiverbot? Das hatten die Nazis 1933 mit der SPD vorgeführt. Ruck zuck war Schluss mit SPD, deren Führungskräfte wurden dann sogar in „Schutz“haft genommen.

Die „aufrechten Demokraten“ müssen fein aufpassen, wenn sie im Kielwasser der Nazis segelnd Parteiverbote und Rechtsverluste von Einzelpersonen fordern, dass nicht die einzigen Nazis, die sie sehen können, ihnen eines Tages aus dem Spiegel entgegensehen!

ex post

In Dortmund hat der Prozess gegen einen Polizeibeamten begonnen, der im Rahmen eines Einsatzes einen Menschen mit seiner MP5 erschossen hat.

Einzelheiten kann man einem Artikel entnehmen, den ein Fachmann – Steffen Meltzer – dazu auf Tichy’s Einblick geschrieben hat.

All die komplexen Erwägungen, die da geäussert werden, sind berechtigt – aber leider nicht hilfreich, wenn man diesen Fall beurteilen will.

Da ist die Rede von Tasern, Pfefferspray und der Wahl des geeigneten Einsatzmittels. Von einer psychischen Störung des Delinquenten. Von möglichem „suicide by cop“. Vom Trainingszustand der Beamten.

Alles gut und schön, sicher berechtigte Überlegungen – nur nicht zielführend. Sie erklären sehr gut, wie die Beamten in diese Situation gekommen sind, bieten aber keine Hilfe bei der Beurteilung, ob der Tod des Delinquenten vermeidbar gewesen wäre.

Die Lage am Einsatzort stellt sich für mich so dar, dass ein Mann mit einem durchaus tödlichen Messer sich auf die Einsatzkräfte zubewegt und dabei keinen friedlichen Eindruck gemacht hat. Der Polizeibeamte hat von seiner mitgeführten Waffe Gebrauch gemacht, um diesen Mann zu stoppen. Dabei ist dieser getötet worden, getroffen von mehreren Schüssen aus der MP.

Das mag eine ziemliche Vereinfachung sein, aber das scheint mir zulässig und der Kern der Angelegenheit zu sein.

Die jetzigen Überlegungen hin und her erinnern mich daran, dass in meinem Berufsleben genauso oft Situationen vorkamen, die man ex post – und in der Ruhe eines behaglichen Bürostuhls – anders beurteilen würde, als vor Ort. Um drei Uhr früh, nach nur einer knappen Stunde Schlaf nach einem 17-Stunden-Arbeitstag mit nur einer Pause um die Mittagszeit und unter grossem Zeitdruck sieht die Welt sicher anders aus, als man später in der Ruhe des Büros eines Staatsanwaltes glauben mag.

Man muss also versuchen, sich der Sache aus dem Stand ex ante zu nähern, wenn man ihr gerecht werden will.

Das ist einfacher gesagt, als getan.

Und mal wieder ist der Klimawandel schuld!

Heute in der NZZ ein anrührender Artikel über das versinkende Eiland „Tangier Island“ in der Chesapeake Bay. Der Meeresspiegel steige und mache das Inselchen langsam unbewohnbar. Versehen mit eindringlichen Bildern von Einwohnern in Gummistiefeln, die auf ihren überfluteten Grundstücken herumpatschen.

Die Einwohner – von denen sofort ergänzend erklärt wird, sie seien „Trump-Wähler“ – glauben nicht an den Klimawandel. Kann man deren Verblendung noch eindrücklicher belegen?

Der Klimawandel aber, den sie bezweifeln, ziehe ihnen langsam aber sicher den Boden unter den Füssen weg.

Nun kann man solche Artikel – mit und ohne Trumpgläubigkeit – seit geraumer Zeit im Zwei-Jahres-Rhythmus in der einschlägigen Presse finden, Spiegel und NZZ sind da nicht allein.

Immerhin erwähnt die NZZ, dass die Einwohner der Insel an Erosion ihrer „Küstenlinie“ denken.

Was natürlich völliger Quatsch ist, wie jeder einigermassen aufgeklärte Mensch sofort weiss, da ja der infolge Klimawandel steigende Meeresspiegel…

Nun, die Chesapeake Bay ist eine ziemlich befahrene Seefahrtsstrasse, die Städte wie Baltimore MD mit dem offenen Meer verbindet und deren Fahrrinne regelmässig ausgebaggert wird. Solche Ausbaggerungen führen zu veränderten Strömungsverhältnissen, was ja auch die Erosion gewisser Inseln verstärken könnte.

Zusätzlich dazu wird doch tatsächlich in einer sicher nicht der Schwurbler- und Klimawandelleugnerszene zuzurechnenden Zeitschrift, nämlich National Geographic erläutert, neben dem mit 6 inches pro Hundert Jahren ansteigenden Meeresspiegel sacke der Boden der Chesapeake Bay ab. Grund sei das Verschwinden der Gletscher auf dem nordamerikanischen Kontinent, die ehemals den Boden unter sich mit ihrem Gewicht nach unten – und als Folge die Chesapeake Bay nach oben gedrückt haben.

Also doch wieder der Klimawandel.

Ja, auf lange Sicht verändert sich durch den Wandel des Klimas unsere Welt. Allerdings steht bislang noch der Beweis dafür aus, dass es ratsam (oder überhaupt möglich) ist, sich dem Wandel entgegenzustemmen. Die Schlagzeile „Hilfe, wir verlieren die Kontrolle über das Klima“ war der Kulminationspunkt der Verrücktheit.

Wir hatten noch nie die Kontrolle über das Klima!

Statt sich in untauglichen Versuchen der Beeinflussung zu ergehen und irrsinnige Summen Geldes – vergeblich – zu verbrennen, wäre es ratsam, das zu tun, was seit jeher unsere Altvorderen getan haben: sich anpassen. Oder umziehen.

Deichbau und Vordeichen sind immer noch besser, als eine De-Industrialisierung herbeizuführen, um den Anstieg des Meeresspiegels zu verhindern.

Der scheint ja, wenn man jüngsten Pressemeldungen glauben darf, so dramatisch nicht zu sein. Zumindest die Inselgruppe von Tuvalu, die ja nach Modellrechnungen innert kürzester Zeit versunken sein sollte, scheint nun doch nicht zu sinken. Dies belegen im verlinkten Artikel offizielle Pegeldaten.

chatGPT und die Wissenschaft

Heise Online hat heute einen Beitrag darüber veröffentlicht, wie man mit chatGPT im Hui eine „wissenschaftliche“ Studie erstellen – oder besser gesagt komplett faken – kann.

Leider fielen die so schön erfundenen „Studiendaten“ dadurch auf, dass sie

  • zum Teil keinen Unterschied zwischen „vorher“ und „nachher“ aufzeigen konnten,
  • auffällig waren, weil bestimmte Zahlen unterdurchschnittlich häufig vorkamen
  • und zum Teil die Vornamen nicht zum angegebenen Geschlecht passen wollten.

Dadurch, dass ihre Plausibilität mangelhaft war, fielen sie menschlichen Beurteilern sofort auf.

Und man beruhigt: solche „Studien“ kämen nie durch den vor der Veröffentlichung liegenden peer-review-process.

Und ausserdem seien gefälschte Studien ja schon vor der Erfindung der KI gang und gäbe gewesen.

In diesem Punkt muss ich den Autoren und Kommentatoren recht geben. Wir alle erinnern uns noch an die „Studien“ Heidelberger Krebsforscher, die zum Teil zu verheerenden Behandlungskonzepten bei realen Krebspatienten geführt haben.

Oder den berühmten amerikanischen „Schmerzpapst“, dessen erfundene Studien dadurch aufgefallen waren, dass die Ziffer 9 unterdurchschnittlich oft in den Rohdaten vorkam.

Oder den Mannheimer Anästhesieprofessor, dessen Fälschung von Studien zu Hydroxyäthylstärke als Volumenersatz aufflog, als er im peer-review-process die Einwilligungserklärungen seiner Studienpatienten nicht vorlegen konnte. Wieso das? Nun, es gab gar keine Studienpatienten!

All das beruhigt mich persönlich aber überhaupt nicht.

Denn die offenkundigen Mängel der durch chatGPT erfundenen Studien kann man sicher noch durch Verfeinern des Arbeitsauftrags „verbessern“ und so eine Enttarnung erschweren. Möglicherweise kommt man mit ein wenig mehr Aufwand dann auch durch den peer-review-process.

Stammkunden sterben aus

Als Bestandskunde ist man schon daran gewöhnt, dass Neukundenwerbung immer mit Goodies einhergeht, von denen man als langjährig treuer Kunde nur träumen kann.

Tagesgeldzinsen in astronomischer (Vorsicht, Ironie!) Höhe – der Treue darf sich mit deutlich weniger zufrieden geben.

Ein neues Depot? Neukunden kriegen eine Handvoll Trades zum (Nahezu)Null-Tarif neben einer hohen Depotwechselprämie.

Ein neues Girokonto? Prämie hier, Vergünstigung da.

Erst letztens riss ich erstaunt die Augen auf.

Seit mehr als dreißig Jahren bin ich Kunde eines lokalen Energieversorgers. Und zwar gleichzeitig bei Strom und Gas.

„Support your local dealer.“

Dieser hatte zu Zeiten der Gaspreisexplosion meinen langfristig abgeschlossenen günstigen Tarif gekündigt. Hinweis, man könne zum vereinbarten Preis nicht länger liefern. Aber man bot im gleichen Atemzug einen deutlich teureren Tarif an, schließlich will man ja meine Versorgung weiterhin sicher stellen. Nach einem verzweifelten Rundumblick in der Branche habe ich dann abgeschlossen, es war Winter und man will nicht frieren. Und meinetwegen muss der Versorger nicht Pleite gehen. Sind halt schwere Zeiten.

Dann kam die Jahresabrechnung und obwohl diese eine hohe Überzahlung auswies, wollte man meine künftigen Abschläge erhöhen.

Der sogenannte „Arbeitspreis“ (ct je kWh) selbst kam mir astronomisch vor, schließlich flöteten es die Spatzen von den Dächern, dass der Gaspreis wieder vor-Ukraine-Kriegs-Niveau erreicht habe.

Ich habe dann mal auf der Webseite meines Versorgers so getan, als sei ich Neukunde.

Ei der Daus!

Ein viel günstigerer Arbeitspreis wurde aufgerufen.

Hmm. Also wenn ich schon das böse Spiel mit der Vertragskündigung mitgemacht habe, um meinen Versorger nicht in Not zu bringen, dann erwarte ich selbstverständlich im Gegenzug zumindest nicht schlechtere Konditionen, als sie Neukunden zugestanden werden.

So möchte wohl niemand abgezockt werden, weshalb ein Versorgerwechsel anstand.

Auf meine Kündigung des Vertrags kam nicht mal eine Nachfrage (wie sonst gewöhnlich), warum ich als langjähriger Kunde nun weg möchte.

Und weil wir schon mal in Bewegung waren, habe ich auch gleich noch einen neuen Stromanbieter gefunden. Der kann zwar auch nicht zaubern, der Preis wäre gleich meinem alten Versorger – aber ich kriege ja einen namhaften „Neukundenrabatt“.

Tja.

Das Wort „Bestandskunde“ kommt wohl langsam aus der Mode.

Aus der Mode gekommen

Was früher für einen soliden Rücktritt gereicht hätte, bewirkt heutzutage – nichts.

Da ist ein ungeheuer stabilisierendes Trägheitsmoment aufgetreten, bei dem bleibt einem nur der Mund offen stehen.

Wer erinnert sich noch?

Ein Politiker zu Guttenberg, der beim schlampigen Abfassen seiner Doktorarbeit erwischt wurde. Plagiatsvorwürfe wurden laut – und ehe sie nur annähernd erhärtet wurden, war der Mann schon von allen Ämtern zurückgetreten.

Oder der SPD-Verteidigungsminister Scharping.

Einmal im Pool auf Mallorca in Begleitung einer Dame fotografiert – weg.

Oder noch früher: Kanzler Brandt trat zurück, weil in seinem unmittelbaren Umfeld ein Stasi-Spion enttarnt wurde. Die Frage, ob er selbst mit dessen Einstellung irgend etwas zu tun habe, blieb unbeantwortet. Er trat zurück.

Und heute?

Wir haben einen Kanzler, der ob seiner ungeklärten Rolle im „cum-ex-Geschäft“ einer namhaften Hamburger Bank in die Kritik gerät. Auf wunderbare Weise lässt das Finanzamt Hamburg die Rückforderung einer namhaften Summe zuviel gezahlter Steuerrückerstattungen einfach mal verjähren. Dem vorausgegangen waren mehrere Gespräche mit dem damals Ersten Bürgermeister.

Im Untersuchungsausschuss kann dieser sich nicht erinnern, was Gegenstand seiner Besprechung mit dem Vorstand der Bank gewesen sein mag. Ja, noch schlimmer, die Termine selbst erinnert er nicht mehr. Und das seltsame Gebaren der Hamburger Finanzbehörde kann er sich auch nicht erklären.

Kann man sich vorstellen, dass unsereiner mit solch läppischen Ausreden in einem Ermittlungsverfahren davonkommt? Wohl kaum, man versuche das mal in einem Verfahren wegen Geschwindigkeitsüberschreitung vorzubringen. So schnell lassen die einen nicht vom Haken.

Mal ganz davon abgesehen, ob er nun tatsächlich etwas Verbotenes getan hat oder nicht – so ein Ermittlungsverfahren und die im Raum stehenden Vorwürfe hätten in der noch gar nicht so fernen Vergangenheit zum Rücktritt des Amtsinhabers geführt. Um Schaden vom Amt abzuwenden.

Aber der Rücktritt als solcher scheint heute doch etwas aus der Mode gekommen zu sein, wie man an zahlreichen anderen Beispielen in der politischen Kaste sehen kann.

Nun, es kommt noch doller.

Endlich gerät Bewegung in die cum-ex-Untersuchung, als die NRW-Staatsanwaltschaft zwei Laptops mit 700 000 e-mails nach Hamburg überstellt. Verzögert, aber immerhin.

Alter! 700 000 e-mails!

Wer asserviert denn so viele e-mails? Aus wie vielen Jahrhunderten stammen denn die?

Löschen die denn gar nichts?

Und warum auf zwei Laptops und nicht auf DVD? Fragen über Fragen.

Aber keine Sorge, Klarheit in der causa entsteht durch diese Beweismittel auch nicht.

Auf unerklärliche Weise hat jemand, der angab, verhindern zu wollen, dass sich die Mitglieder des Untersuchungsausschusses die e-mails ansehen, die zum Teil auch andere Sachverhalte beträfen, die zwei Laptops jetzt „sicher gestellt“ – heißt: aus der Asservatenkammer entfernt. Dieser Jemand ist auch noch Teil des Untersuchungsausschusses. Sowas kann man sich nicht ausdenken!

Wo sie jetzt sind?

„Sag‘ ich nicht. Aber ich verspreche, nicht daran herum zu manipulieren“.

Ah ja.

Das beruhigt doch ungemein.

 

Auf verschiedenen sozialen Medien werden jetzt „Bananenrepublik“-Rufe laut.

Also bitte, damit täte man einer veritablen Bananenrepublik ganz sicher unrecht.

Die würden sich wenigstens noch Mühe geben, nicht aufzufallen.

Verkehrswende

Neulich mal wieder in den Urlaub gefahren. Nach Norden an die Ostsee sollte es gehen. Kann ja nicht so schwer sein…

Um Hamburg herum herrschte ziemliches Chaos – schließlich wird am und im und um den Elbtunnel herum ziemlich gebaut. Lange, ausdauernd. Und ohne Aussicht auf baldige Fertigstellung. Erinnert irgendwie an den Berliner Flughafen. Gut Ding braucht gut Weil…

Mit den Ausweichstrecken Richtung Norden sah es im Großraum Hamburg auch nicht viel besser aus.

Warum nicht durch die Heide fahren, die Fahrt genießen und dem Stress umgehen? Also Richtung Lüneburg, dort Mittagspause eingelegt und dann weiter Richtung Lauenburg, die Elbe überqueren und dann Kurs auf Lübeck halten.

Fehler! Die Strecke über Lauenburg Richtung Lübeck ist gesperrt, an der Elbbrücke wird gebaut.

Ach watt! Wer koordiniert denn sowas? Oder koordiniert hier vielleicht gar niemand? Wahrscheinlich.

Also über Geesthacht. Die Elbe überquert und dann mühevoll nach Lübeck.

Das Navi empfahl mir mit sonorer Stimme, jetzt möchte ich auf die A 20 auffahren und dann die A 1 Richtung Norden nehmen. Erschreckt von dem langen Stau auf der A 20 habe ich die Anweisung ignoriert und dann doch händisch meinen Kurs durch Lübecks Innenstadt genommen – und bin wahrlich im Fussgängertempo durch diverse Staus manövriert, bis ich – endlich, nach gefühlten Stunden im Verkehrschaos – auf die Autobahn Richtung Fehmarn auffahren konnte.

Aufatmen. Doch was ist das? Nach kurzer Fahrt erreichen wir eine Baustelle, 2 Fahrspuren Richtung Norden sind angelegt, aber nur eine einzige Richtung Süden. Vor der elend langen Baustelle stauen sich natürlich die Fahrzeuge am Beginn der Einspurigkeit. Wir fahren gottseidank entgegengesetzt und können kilometerlang die genervten Fahrzeuglenker im Stau bewundern.

Abgesehen von den Unarten einiger, wie zu dichtes Auffahren oder Spurwechsel ohne Rücksicht auf den dort befindlichen Verkehr, nerven mich am Autobahnfahren die deutschen Baustellen ohne Ende.

Also, es nervt mich schon ohne Ende, aber ich meine wörtlich Baustellen ohne Ende, zeitlich wie räumlich.

Während in Deutschland zwanzig Kilometer abgesperrt werden, auf denen man perfekte Baustellenmarkierungen bewundern kann, aber nur selten einen schaffenden Werktätigen antrifft, scheinen unsere österreichischen Nachbarn da eher ergebnisorientiert aufgestellt zu sein. Auf der Inntalautobahn habe ich so eine Baustelle gesehen, fünf Kilometer waren abgesperrt und es herrschte so ein Gedränge an Menschen und Maschinen, dass ich erschreckt an eine Demonstration geglaubt habe. Oder ist Vollversammlung und Zahltag? Nein, die hatten alle was zu tun und erkennbar den Drang, damit auch mal irgendwann fertig zu werden.

Geht doch. Anders als bei uns.

Und dann die Planung!

Wenn eine verkehrsreiche Ost-West-Verbindung gesperrt wird, weil eine sonst unbarmherzig zusammenstürzende Brücke saniert werden muss, kann man drauf wetten, dass die Alternativstrecken auch mindestens eine solche ewige Baustelle aufweisen, was uns Gelegenheit gibt, im Stand die liebreizende Landschaft zu begutachten. Früher unterstanden die Autobahnen Landesbehörden, die natürlich schön unabhängig voneinander solche Planungen betrieben haben. Aber jetzt? Seit Jahren gibt es nur noch die Bundesautobahngesellschaft. Da sollte es doch leichter sein, verschiedene Abteilungen zu einer gemeinsamen Planung zu bewegen!

Gibt es keine Alternativautobahn und man muss an einer Anschlussstelle die Autobahn verlassen, um sich über Bundesstraßen voranzuquälen, dann ist natürlich die Strecke gut ausgeschildert. Aber sonst ist nichts passiert, oder hat man etwa schon einmal erlebt, dass die Ampel an der Autobahnausfahrt über verlängerte Grünphasen verfügt, damit die Ausweichstrecke die erhebliche Zunahme des Verkehrs auch bewältigen kann? Gar von geänderten Vorfahrtsverhältnissen oder einem regelnden Verkehrspolizisten zu träumen, wage ich schon gar nicht mehr. In anderen Ländern dieser Erde denkt man da schon mal weiter als bis zur Autobahnabfahrt.

Ja, den Ferienkalender kann man natürlich auch zur Planung heranziehen. So ist es sicher ungeschickt, ausgerechnet in den Ferien mit hohem Reiseverkehr den Elbtunnel in Hamburg kurzerhand komplett zu sperren. Leute! Geht’s noch?

Was wir brauchen ist eine Verkehrswende!

Und damit meine ich nicht, vom Verbrenner auf das E-Auto umzusteigen, ohne dass man sagen könnte, woher der benötigte zusätzliche Strom denn kommen soll, wenn nicht von unseren polnischen oder französischen Nachbarn.

Nein, eine gemeinsame Planung von Baustellen und Umleitungen. Bundes-, Landes- und örtliche Behörden in einer koordinierten Aktion.

Ich finde, im Zeitalter moderner elektronischer Kommunikationsmittel kann man so etwas verlangen.

Von solchen Dingen wie der intelligenten Vernetzung sämtlicher Verkehrsteilnehmer, wie man sie uns Anfang der 2000er Jahre versprochen hat, wage ich ja schon lange nicht mehr zu träumen. Damals hieß es, dass die Fahrzeuge sich gegenseitig ohne Zutun des Fahrers über Staus und Gefahrenstellen informieren, so dass niemand mehr vom Stauende oder einer Unfallstelle hinter der Kurve überrascht werden müsste. Aber dann erklärte die Kanzlernde „die Digitalisierung“ zur Chefsache. Und mir war klar, was wir da zu erwarten hatten.

Nichts.