Digitales Deutschland

Sonntag Abend. Geistig bereite ich mich auf einen angenehmen Tagesausklang, also mit einem netten Filmchen und einem Glas Wein vor.

Da sehe ich, dass mich eine e-mail der Deutschen Bahn erreicht hat. Darin wird mir beschieden „Sehr geehrter Kunde, vielen Dank für den Kauf einer Fahrkarte…“ Und im Anhang sehe ich „meine“ Fahrkarte…

Hö? Ich? Ich hab nix gemacht!

Von Duisburg nach Osnabrück soll die Reise gehen, einfache Fahrt.

Und dann eine zweite e-mail, meine Abfahrt verzögere sich um 59 Minuten.

Und eine Dritte. Ein Gleiswechsel wird angekündigt.

Das ist ja toll. Wer ist denn bloss an meiner Stelle unterwegs? Wieso kriege ich diese mails? Hat man meinen account bei der Bahn gehackt?

Schnell mal da eingeloggt. Und das Passwort geändert. Und die 2-Faktor-Authentifizierung aktiviert. So. Uff.

Dann fällt auf: das ist nicht meine hinterlegte e-mail-Adresse. Und unter „meine Buchungen“ findet sich keine einzige. Isso, denn mit Beginn der Filtertütenpflicht an Bord hatte ich Bahnreisen gemieden und meine Bahncard gekündigt. Die Endziffern der belasteten Kreditkarte auf dem Fahrkartenbeleg stimmte auch nicht mit meiner hinterlegten Karte überein.

Eigentlich alles gut, man könnte sich entspannt zurücklehnen.

Was aber, wenn in den nächsten Tagen ein Brief kommt mit der Bitte, den Betrag zu überweisen, weil die beim Kauf benutzte Kreditkarte leider doch nicht funktioniert habe?

Also flink die Hotline angerufen und nach nur fünf Auswahlmenüs (wenn Sie dies wollen, drücken Sie die „1“) bin ich mit einem Menschen verbunden. Die Dame hört sich das alles geduldig an, nach ein paar Fragen zu meiner Identität schallt mir ein beruhigendes „Ich sehe in Ihrem account keine solche Buchung“ entgegen. Ich könne ja, um ganz sicher zu gehen, dass nicht nachträglich die ausbleibende Zahlung mir zugerechnet werde, den Sachverhalt noch mal kurz per mail an „fahrkartenservice@deutsche-bahn.de“ schildern.

Habe ich getan – doch damit begann das Elend erst richtig.

Als Reaktion auf meine mail kommt eine automatische Eingangsbestätigung. Am Tag darauf folgt eine ausführliche mail. Man bedaure sehr, dass ich Opfer eines Kreditkartenbetruges geworden sei und gibt ellenlange Anweisungen, wie ich meinen account absichern kann. Sehr schön, aber das hatte ich definitiv nicht geschrieben.

Ich frage also zurück, ob man meine mail überhaupt gelesen habe vor dem Antworten.

Einen weiteren Tag später trifft eine mail ein, die mich mit „Sehr geehrter Herr Oeynhausen“ als Strafe für meine Querulanz anredet. Ich schreibe zurück: „Sehr geehrter Herr Oeynhausen“ – mehr geht nicht!

Und werde postwendend mit einer weiteren mail glücklich gemacht: Man bedaure sehr, dass ich diese ganzen Fahrkarten- und Fahrtinfo-mails erhalten habe. Offensichtlich sei meine e-mail-Adresse sehr ähnlich wie die des eigentlichen Empfängers.

Na klar, wenn der doch undeutlich geschrieben hat…

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