Fahrradfreundlich

geht leider anders.

Eine Nachbarstadt hat grosse Schilder am Ortseingang aufgestellt, die verkünden, sie sei die „fahrradfreundlichste Gemeinde“ dieser Region.

Nun, der Anspruch ist somit definiert.

Wie schaut die Wirklichkeit aus?

Da haben wir durchaus respektable, breite und farblich gut abgesetzte Fahrradspuren auf manchen Hauptstrassen. Unschwer erkennt man, dass vordem die Strasse vierspurig war und jetzt je Fahrtrichtung eine der Spuren den Radfahrern vorbehalten wird. Schön zu sehen, auch die entsprechende Ampelschaltung ist so eingerichtet, dass man nicht gleichzeitig mit den Autos Grün erhält, sondern einen gewissen Vorsprung gewährt bekommt. So sollen Unfälle mit Rechtsabbiegern (vornehmlich Lkw) vermieden werden.

Alles Tacko.

Aber dann endet die breite Fahrradspur und wird wieder dem Autoverkehr gewidmet, während Freund Zweiradler auf einen schmalen und holperigen Fahrradweg auf dem Bürgersteig umgeleitet wird. Gleich zu Anfang warnen Schilder vor „Radwegschäden“ und siehe da, man ist oft durch Absperrbaken daran gehindert, den mit Löchern gespickten Radweg zu benutzen und darf sich mit den Fussgängern auf dem verbleibenden Platz mischen. Was nicht zur Freude beider gereicht.

Auch gesehen: Radwege, die urplötzlich in den fliessenden Verkehr auf der Strasse ausgeleitet werden. Nun, wer Nervenkitzel mag, ist hier sicher gut aufgehoben.

Und: die unsäglichen „Schutzstreifen“, auf die Strasse aufgemalte Markierungen, die dem Radler einen geschützten Bereich suggerieren. In diesen darf – sofern die Markierungen unterbrochen sind – der Autofahrer eindringen, wenn ihn Gegenverkehr dazu zwingt. Was ich aber hauptsächlich daran auszusetzen habe? Die Tatsache, dass eine scharfe Trennung zwischen Autofahrern und Radlern gezogen wird. Da ist dann nichts mehr mit 1,5m Mindestabstand beim Überholen! Der Autofahrer fährt auf „seinem“ Stück Strasse und überholt Radfahrer auf dem Schutzstreifen so dicht, dass oft nicht mal 20 cm Abstand zwischen beiden bleibt – und fühlt sich im Recht. Und dann immer wieder die beliebten „Querungshilfen“ für Fussgänger, „Inseln“ mitten auf der Strasse. Gerade rechtzeitig davor endet der Schutzstreifen und Autofahrer und Radler müssen sich den engen Platz neben der Querungshilfe teilen. Wobei der Autofahrer grosse Probleme mit dem Nacheinander zu haben scheint und versucht, den Radfahrer mindestens vor der Engstelle zu überholen, wenn nicht gar gleichzeitig mit ihm zu passieren. Da ist nichts mit „Schutz“. Wieder ein Beweis dafür, dass „gut gemeint“ das Gegenteil von „gut gemacht“ ist.

Ehrlich, ich möchte nach diesen Erfahrungen keinesfalls die nicht fahrradfreundlichen Städte und Gemeinden kennenlernen.

Warum das Rad neu erfinden? Man könnte doch im Paradies der Zweiradfahrer, den Niederlanden, ein bißchen abgucken gehen…