Justitias verrutschte Augenbinde

Gestern hat das Landgericht in Halle Björn Höcke wegen der Benutzung eines „Nazi-Spruchs“ zu einer Geldstrafe verurteilt.

Nun, das muss dieses „Hier kann jeder alles sagen, er muss nur mit den Konsequenzen leben“ von Dunja Hayali sein. Es gibt allerdings einige Seltsamkeiten in dieser Sache.

Einerseits hat diesen Spruch schon früher unter anderem die SPD verwendet, wie man deren Parteiorgan entnehmen kann. Gut, das war knapp vor den Nazis oder gleichzeitig mit diesen, weshalb man das natürlich nicht als Ausrede gelten lassen kann. Aber dass Politiker etablierter Parteien in jüngerer Zeit mit diesem Spruch ungestraft davongekommen sind, weckt schon den Eindruck, dass hier mit zweierlei Maß gemessen wird.

Zweitens steht an der Fassade des Landgerichts Halle in Stein gemeißelt der Satz „Jedem das Seine“ – oh, den kennt man auch aus Berichten über das Lager Buchenwald. Honi soit, qui mal y pense.

Und drittens hat die Frankfurter Allgemeine bereits 10 Stunden vor dem Urteilsspruch genau diesen als Eilmeldung veröffentlicht. Oops, ein technischer Fehler. Man habe einen vorbereiteten Bericht zu früh veröffentlicht. Natürlich stellt sich die Frage, wieso man in Frankfurt schon morgens das Urteil und Strafmaß kennt, um einen Bericht vorzubereiten. Seltsam – oder beherrscht man in Frankfurt jetzt die Kunst des Hellsehens?

Aber mal ehrlich: ist nicht bereits Alles mal von Allen gesagt worden? Wie soll man da den Überblick behalten. „Alles für D…..“ ist strafbewehrt, aber „Deutschland, Du mieses Stück Scheiße“ geht unbeanstandet durch? Ist also der Kontext, in dem eine Aussage steht, nicht mehr wichtig?

Schreibt man diese Tendenz fort, muss man künftig damit rechnen, für die Verwendung der gleichen Buchstaben des Alphabets, das ja auch seinerzeit schon die Nazis benutzt haben, verurteilt zu werden?

Wie will man denn eigentlich dem so entstehenden Eindruck entgegen wirken, die Justiz werde inzwischen als Instrument der Herrschenden missbraucht?

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