Golf in Schottland

Wer denkt dabei nicht an St. Andrews, Turnberry, Gleneagles oder Royal Dornoch?

Dass die selbstverständlich teuer sind, überlaufen und damit der Spielspaß sich in engen Grenzen hält, wird in Kauf genommen.
Aber es geht auch anders.
Zum einen sind da die vielen öffentlichen Plätze, die nahezu für n‘ Appel und n‘ Ei an Greenfee zu spielen sind.
Nahe Gleneagles befindet sich der Whitemoss Golf Course, ein sehr gepflegter öffentlicher Platz. Der dortige Golfclub ist derzeit nicht mehr über eine eigene Website zu erreichen, allerdings steht dem Golfspiel deswegen nichts im Wege, denn der Platz selbst ist Gemeindeeigentum.

Besonders im Juni, wenn der Ginster (von dem Fachleute sagen, es sei gar kein Ginster – sieht aber für uns so aus) blüht, leuchtet es auf dem Platz an allen Ecken und Enden. Cool. 2009 waren wir da und haben jeder 20 £ Greenfee bezahlt. Die Leute dort sind freundlich und hilfsbereit. Als wir beim Bezahlen im Clubhaus unsere Ausweise zückten, hiess es nur „oh, lasst man, Ihr habt die Ausrüstung dabei, da werdet Ihr wohl auch damit umgehen können…“

Wir wurden an der 8 und 9 von einem kräftigen Regenschauer durchnässt – und überlegten ernsthaft, unser Spiel abzubrechen. Als wir auf dem Weg zum Parkplatz triefend am Clubhaus vorbeischlichen, ertönte es daraus einladend: „Kommt herein, trinkt einen Kaffee, dann ist die Sonne auch wieder da und ihr könnt in Ruhe zuende spielen.“ So war es dann auch.

Oder nahe Edinburgh, wo wir im – damals noch Marriott –  Dalmahoy Golf and Countryclub wohnten – aber erstens keinen Parkland-Course mehr spielen wollten und auch leider keine Tee-Time auf beiden betriebsamen Plätzen ergattern konnten. Sind wir halt ein paar Kilometer süd-östlich im Whitekirk-Golf-and-Country-Club spielen gegangen. Ab 16:00 gab’s sogar ein „sundowner-greenfee“ für uns – und den Platz haben wir nur mit zwei schottischen Ehepaaren geteilt, die wir irgendwann zu deren Erstaunen durchspielen ließen. Nun – die waren einfach schneller als wir und auf ihrer Jahres-Lochspiel-Runde.

Ein sehr ansehnlicher Platz in der Nähe der Küste, man konnte von manchen Abschlägen den imposanten Bass Rock sehen, der von der untergehenden Sonne interessant angestrahlt wurde. Als wir mit hereinbrechender Dunkelheit die 18 zuende gespielt hatten, gab’s im Clubhaus doch noch ein sehr leckeres Abendessen für uns. Es stand zwar ein Schild auf dem Tresen, das „Küche nur bis 20:00 Uhr“ verkündete, aber – Fragen kostet nichts – sicher könnten wir noch ein Essen bekommen. Order at the bar – I will bring it to your table… Sehr lecker. Und preislich auch nicht schlecht. Der Ausflug hat sich gelohnt. Nach der Pleite des Leisure-Clubs war eine Weile Funkstille, jetzt hat man aber renoviert und wieder neu eröffnet. Ein lohnenswerter Abstecher, wenn man in der Region Edinburgh unterwegs ist!

Einen Eindruck über die Golfcourses dieser Region findet man hier.

Zwei Jahre später waren wir wieder in Schottland unterwegs und haben in Ballater Station gemacht. Lassen Sie sich von keinem Reiseführer erzählen, es sei empfehlenswert, eine Zugfahrt mit einem der letzten Dampfzüge Schottlands zu unternehmen. Den Bahnhof in Ballater gibt’s noch, da steht auch noch ein Wagen als Ansichtsmaterial – aber die Strecke kann man jetzt mit dem Fahrrad oder Rollschuhen – Verzeihung – Inline-Skatern befahren, denn die Schienen fehlen und die Trasse ist komplett asphaltiert.

Dafür gibt’s eine Kirche, in der jetzt ein Restaurant residiert (teuer, was wir auf der Karte erkennen konnten, klang interessant, aber die Preise….) und natürlich immer noch den Ballater Golf Club.

Altehrwürdig und sehr gepflegt. Greenfee erschwinglich, schließlich kann man ja als Tourist durchaus wochentags spielen. Ein Erlebnis!

Und damit kommen wir dann zu Royal Dornoch.

Für unsere Reisekasse natürlich unerschwinglich. Aber warum verzweifeln? Nur wenige Meilen weiter nördlich gibt es in Brora mit dem Brora GC einen öffentlichen Platz, der selbst am Freitag Morgen für 42 £ pro Nase zu bespielen ist. Der Headpro wies uns in die „Local Rules“ ein: Hinterlassenschaften von Tieren (Kühe und Schafe weiden auf dem Platz) gelten als ground under repair und man darf seinen Ball straflos droppen. Um die Greens gebe es kleine Drahtzäune, wir mögen diese nur an den isolierten Stellen übersteigen, da man sonst – wie die Schafe – einen gewischt bekomme. Nach solchen Erläuterungen erteilte er uns die Startfreigabe „you may go, whenever you’re ready“ – und ab ging’s..

Auch dieser gemeindeeigene Platz ist – wie so viele in Schottland – durchaus gepflegt und abwechslungsreich. Und wenn man am Freitag die Lücke zwischen den Rentnern (Bettflüchtige, die schon im Morgengrauen starten) und den Businessmen, die freitags am frühen Nachmittag ihre Arbeitswoche bei einer gemeinsamen Runde Golf beschließen, ausnutzt, kann man nahezu ungestört spielen. Man teilt halt den Platz mit den Kühen (die sehr erfahren im Umgang mit „german hackers“ schnell das Weite suchen) und den Schafen – die sind dickfelliger und müssen gelegentlich vom Abschlag vertrieben werden. Alles in allem ein „Gerne-mal-wieder-Erlebnis“.

Aber man kann auch anders am Greenfee schrauben!
Also den Unterschied zwischen berühmten Plätzen und örlichen, gemeindeeigenen Plätzen kennen wir inzwischen ganz gut. Es geht aber noch besser!

Man erwirbt beispielsweise im nächsten Tesco eine Golfzeitschrift – bunkered empfiehlt sich in Schottland. Da gibt’s im Kleinanzeigenteil jede Menge Coupons und Angebote von „packages“.

Am Beispiel Brora hieße das:
Wir haben bezahlt: 42 £ pro Nase Greenfee im örtllichen Proshop.

Wir hätten bezahlt: 42 £ pro Person im örtlichen Golfclub mit Gutschein – und damit ein package erworben:

  1. Greenfee,
  2. vorher Kaffee und Gebäck,
  3. anschließend ein Drei-Gänge-Menü inkl. alkoholfreiem Getränk.

Schön, wenn man sowas erst auf der Nachtfähre Newcastle – Ijmuiden liest, während man vor dem Einschlafen im bunkered blättert….
In besagter Zeitschrift findet man gelegentlich auch Sonderangebote für die berühmten Golfplätze wie Turnberry oder Gleneagles, wo man dann zu viert für das Greenfee eines Einzelspielers starten kann. Allerdings gibt es da Restriktionen, man ist nicht unbedingt in der Lage, am Wunschtermin zu starten. Aber trotzdem: wie war das noch? Lesen bildet!

Oder Sie schau’n mal bequem von zuhause aus auf der Internetseite von VisitScotland.com vorbei. Da gibt es dann auch regionale Angebote zu bestaunen. Kann sich lohnen, wenn Sie schon vorher wissen, wohin Ihre Reiseplanung Sie führt.

Ach, da ist noch eine Kleinigkeit: Machen Sie sich auf erstaunte Gesichter gefasst, wenn Sie wie bei uns üblich, im Clubsekretariat das Greenfee bezahlen wollen. Der – meist in formellen Business-Dress gekleidete – Clubsekretär ist nämlich nur für Mitglieder des Clubs und deren Angelegenheiten zuständig. Und wird Sie höflich fragen, ob Sie um eine Mitgliedschaft nachsuchen. Greenfee und Startzeiten handelt der örtliche Pro in seinem Proshop!

Und last but not least: Spielen Sie zügig! Der gemeine Schotte braucht im Durchschnitt 3½ Stunden zu viert für die 18-Loch-Runde und verliert völlig die contenance, wenn er mehr als 4 Stunden brauchen sollte, weil er ständig auf so ein paar unkoordinierte Hacker vor ihm warten muss. Ich meine nicht, dass Sie hastig spielen und über den Platz rennen sollen, sondern – vielleicht mal anders als zuhause – spielen Sie organisiert. Gehen Sie zügig zu Werke, machen Sie nicht mehr Gedöns um Ihren Putt zum Triple-Bogey, als nötig. Wenn man zu viert spielt und alle Bälle liegen verstreut auf dem Fairway, darf jeder schon ruhig zu seinem Ball gehen, den nächsten Schlag mental vorbereiten, zur Not dürfen auch zwei, die auf gleicher Höhe liegen, synchron ihre Bälle schlagen. Und zur Not kann man ja auch mal den flight hinter sich durchspielen lassen. Der Schotte weiss sowas zu schätzen!]