ex post

In Dortmund hat der Prozess gegen einen Polizeibeamten begonnen, der im Rahmen eines Einsatzes einen Menschen mit seiner MP5 erschossen hat.

Einzelheiten kann man einem Artikel entnehmen, den ein Fachmann – Steffen Meltzer – dazu auf Tichy’s Einblick geschrieben hat.

All die komplexen Erwägungen, die da geäussert werden, sind berechtigt – aber leider nicht hilfreich, wenn man diesen Fall beurteilen will.

Da ist die Rede von Tasern, Pfefferspray und der Wahl des geeigneten Einsatzmittels. Von einer psychischen Störung des Delinquenten. Von möglichem „suicide by cop“. Vom Trainingszustand der Beamten.

Alles gut und schön, sicher berechtigte Überlegungen – nur nicht zielführend. Sie erklären sehr gut, wie die Beamten in diese Situation gekommen sind, bieten aber keine Hilfe bei der Beurteilung, ob der Tod des Delinquenten vermeidbar gewesen wäre.

Die Lage am Einsatzort stellt sich für mich so dar, dass ein Mann mit einem durchaus tödlichen Messer sich auf die Einsatzkräfte zubewegt und dabei keinen friedlichen Eindruck gemacht hat. Der Polizeibeamte hat von seiner mitgeführten Waffe Gebrauch gemacht, um diesen Mann zu stoppen. Dabei ist dieser getötet worden, getroffen von mehreren Schüssen aus der MP.

Das mag eine ziemliche Vereinfachung sein, aber das scheint mir zulässig und der Kern der Angelegenheit zu sein.

Die jetzigen Überlegungen hin und her erinnern mich daran, dass in meinem Berufsleben genauso oft Situationen vorkamen, die man ex post – und in der Ruhe eines behaglichen Bürostuhls – anders beurteilen würde, als vor Ort. Um drei Uhr früh, nach nur einer knappen Stunde Schlaf nach einem 17-Stunden-Arbeitstag mit nur einer Pause um die Mittagszeit und unter grossem Zeitdruck sieht die Welt sicher anders aus, als man später in der Ruhe des Büros eines Staatsanwaltes glauben mag.

Man muss also versuchen, sich der Sache aus dem Stand ex ante zu nähern, wenn man ihr gerecht werden will.

Das ist einfacher gesagt, als getan.

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